Bedeutet die jüngste Zulassung des Impfstoffs RTS, S das Ende von Malaria?
Zusammenfassung:
- RTS, S (Mosquirix) ist der erste Impfstoff gegen Malaria, der von der WHO für eine breite Anwendung empfohlen wird.
- Der RTS, S-Impfstoff bietet nach 4 Dosen eine Schutzwirkung von 36 % gegen Malaria.
- Malaria ist noch lange nicht ausgerottet, und es sind noch weitere Anstrengungen erforderlich, um die Welt von ihrer Last zu befreien.
In den letzten Wochen wurde die Welt mit sehr aufregenden Nachrichten im Zusammenhang mit dem Kampf gegen Malaria überrascht. Der Impfstoff gegen Malaria namens RTS, S/AS01 (RTS, S) mit dem Marktnamen Mosquirix erhielt bereits 2015 ein positives Gutachten der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) [1]. Im Oktober dieses Jahres wurde er nun als erster Impfstoff gegen Malaria überhaupt von der WHO für den breiten Einsatz in afrikanischen Regionen mit mäßiger bis hoher P. falciparum-Malariaübertragung empfohlen [2]. Dies ist in der Tat ein historisches Ereignis und wurde in den Medien als solches gefeiert [3-5]. Einige Medien gingen sogar so weit zu behaupten, dass damit jährlich das Leben von Hunderttausenden von Kindern gerettet werden kann [6-8]. Leider sind diese Behauptungen nicht ganz zutreffend.
Trotz jahrzehntelanger weltweiter Bemühungen um ihre Ausrottung ist Malaria nach wie vor eine grosse Belastung. Allein im Jahr 2019 gab es weltweit rund 229 Millionen Malariafälle, von denen 409’000 zum Tod führten. Ausserdem waren 67 % der Opfer Kinder unter 5 Jahren [9]. Der Kampf um die Eindämmung dieser Krankheit ist aufgrund ihrer Ätiologie kompliziert.
Malaria wird durch Parasiten der Gattung Plasmodium verursacht [10]. Die am weitesten verbreitete Art unter ihnen ist auch diejenige, die für die schwersten Symptome verantwortlich ist, nämlich P. falciparum. Leider dauert der Kampf gegen Malaria wegen der Komplexität dieser Parasiten, ihrer Interaktionen mit den Wirten und ihres Lebenszyklus so lange [11]. Während ihres gesamten Lebenszyklus befinden sie sich in zwei Wirtsorganismen, d. h. sie infizieren zunächst Moskitos, die den Parasiten dann durch Stiche auf den Menschen übertragen. Während ihres Aufenthalts in diesen beiden Wirten verändern die Malariaparasiten ihre Struktur, ihre Anzahl und die Organe, in denen sie sich aufhalten. Beim Menschen beginnen sie ihre Reise in der Haut. Danach wandern sie in die Leber, um dann ins Blut überzugehen und rote Blutkörperchen zu infizieren. In diesem Stadium vermehrt sich der Parasit am schnellsten, was zu einem massiven Zerreissen der roten Blutkörperchen des Wirts führt. Dieses Stadium ist für die Symptome der Krankheit verantwortlich [12, 13].
Leider ist dieses Problem nicht nur wegen der Komplexität des Parasiten, sondern auch wegen der Vielzahl von Moskitos, die als Überträger die Menschen infizieren, noch immer ungelöst. Bisher lag der Schwerpunkt der Massnahmen gegen Malaria auf der Vorbeugung von Mückenstichen durch Insektensprays, Fenster- und Bettnetze usw. Wenn diese Vorbeugungsmassnahmen versagten, mussten die Patienten behandelt werden, wenn sie die Krankheit bereits entwickelt hatten [9]. Deshalb ist eine wirksame Impfung gegen die Malaria verursachenden Parasiten dringend erforderlich. Der neu zugelassene RTS, S-Impfstoff enthält einen Teil eines vom Erreger stammenden Proteins, das so genannte Circumsporozoiten-Protein (CS). Es befindet sich auf der Oberfläche des Parasiten in den Stadien des Lebenszyklus, die der Infektion der Leber vorausgehen [1]. Daher sollte dieser Impfstoff die Immunreaktion des Wirts auf die Eliminierung des Parasiten vorbereiten, bevor dieser die Vermehrungsstadien erreicht und Krankheitssymptome auslöst.
Der RTS, S-Impfstoff befand sich bereits seit 1987 in der Entwicklung, bis er schliesslich 2009 in klinischen Studien der Phase 3 getestet werden konnte (mehr über klinische Studien in diesem Artikel). Diese Studien wurden in 7 afrikanischen Ländern südlich der Sahara mit 15’459 Teilnehmern durchgeführt [14]. Sie wurden durchgeführt, um die Wirksamkeit und Sicherheit des Impfstoffs nach Injektion von 3 und 4 Dosen zu testen. Der Impfstoff erwies sich als sicher, abgesehen von einem erhöhten Risiko von Fieberkrämpfen. Die Wirkung war jedoch nur von kurzer Dauer, und die betroffenen Patienten erholten sich in bis zu 7 Tagen. Ausserdem erreichte die Wirksamkeit nach 3 Dosen 28,3 % und nach 4 Dosen 36,3 %. Leider nahmen diese Ergebnisse im Laufe der Zeit ab [15].
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass RTS, S das Potenzial hat, vielen Menschen zu helfen, die dringend wirksame Massnahmen zur Bekämpfung von Malaria benötigen. Leider ist es noch keine Lösung, die zur Ausrottung von Malaria führen wird. Selbst bei der weiteren Untersuchung der Daten aus Phase-3-Studien zeigte sich, dass die durchschnittliche Wirksamkeit des RTS, S-Impfstoffs zwar 36,3 % betrug, aber bei Teilnehmern aus Haushalten mit Zugang zu angemessenen sanitären und präventiven Ressourcen auf bis zu 60 % anstieg [16]. Dieser Impfstoff ist also ein Schritt in die richtige Richtung, aber der Kampf gegen Malaria ist mühsam und noch lange nicht vorbei.
Quellen:
- EMA, Mosquirix: Product Information, E.M. Agency, Editor. 2020: ema.europa.eu.
- WHO, WHO recommends groundbreaking malaria vaccine for children at risk, W.H. Organization, Editor. 2021, World Health Organization: who.int.
- Maxmen, A., Scientists hail historic malaria vaccine approval – but point to challenges ahead. Nature, 2021.
- Mandavilli, A., A ‘Historic Event’: First Malaria Vaccine Approved by W.H.O., in The New York Times. 2021: nytimes.com.
- Okumu, F., Historic yet imperfect: Malaria vaccine brings hope but the fight is far from over, in STAT. 2021: statnews.com.
- Kosarzycki, R., Jest pierwsza szczepionka na malarię. Może uratować ćwierć miliona dzieci rocznie, in Spider’s Web. 2021: spidersweb.pl.
- Preidt, R., WHO Approves First Malaria Vaccine, a Lifesaver for Children Worldwide, in U.S. News. 2021: usnews.com.
- Obiezu, T., New Malaria Vaccine to Benefit Hundreds of Thousands of African Children, in VOA. 2021: voanews.com.
- WHO, World malaria report 2020: 20 years of global progress and challenges., in World Malaria Report, G.W.H. Organization, Editor. 2020, World Health Organization: WHO.
- Norman, F.F., et al., Parasitic infections in travelers and immigrants: part I protozoa. Future Microbiol, 2015. 10(1): p. 69-86.
- Renia, L., et al., Vaccination against malaria with live parasites. Expert Rev Vaccines, 2006. 5(4): p. 473-81.
- Acharya, P., et al., Host-Parasite Interactions in Human Malaria: Clinical Implications of Basic Research. Front Microbiol, 2017. 8: p. 889.
- Cowman, A.F., et al., Malaria: Biology and Disease. Cell, 2016. 167(3): p. 610-624.
- Laurens, M.B., RTS,S/AS01 vaccine (Mosquirix): an overview. Hum Vaccin Immunother, 2020. 16(3): p. 480-489.
- RTS, S.C.T.P., Efficacy and safety of RTS,S/AS01 malaria vaccine with or without a booster dose in infants and children in Africa: final results of a phase 3, individually randomised, controlled trial. Lancet, 2015. 386(9988): p. 31-45.
- Gyaase, S., et al., Potential effect modification of RTS,S/AS01 malaria vaccine efficacy by household socio-economic status. BMC Public Health, 2021. 21(1): p. 240.