Ist Intervallfasten eine Lösung für Übergewicht?
Zusammenfassung:
- Intervallfasten ist eine Diät, bei der nicht kontrolliert wird, was gegessen wird, sondern wann man isst.
- Zu den negativen Nebenwirkungen gehört eine Dysregulierung des Hormonspiegels, z. B. von Insulin und Cortisol.
- Die meisten Forschungsarbeiten wurden an Tieren durchgeführt und sind nicht zu 100 % auf den Menschen übertragbar.
Wir leben in einer Zeit, in der die westliche Welt übermässig mit Übergewicht und Fettleibigkeit zu kämpfen hat. Heutzutage gibt es eine Fülle von Diäten, von Keto bis Paleo, von FODMAP bis Intervallfasten. Die meisten dieser Diäten ermöglichen anfangs eine schnelle Gewichtsabnahme. Häufig führen diese Gesundheitstrends jedoch zum so genannten Jo-Jo-Effekt“, bei dem die Kilos zurückkommen, sobald die Diät beendet wird [1, 2]. Es hat sich gezeigt, dass mehrere Jo-Jo-Diät-Zyklen die Fettablagerung deutlich verstärken, und zwar noch stärker als eine konsequente fettreiche Ernährung [3].
Heute werden wir in die Welt des Intervallfastens eintauchen. Was sind die gesundheitlichen Vorteile und vor allem, was sind die Nebenwirkungen?
Es gibt verschiedene Ansätze für das Intervallfasten, die alle darauf abzielen, regelmässige Essenspausen einzulegen. Die populärste Methode des Intervallfastens sieht ein Essensfenster von 8 Stunden pro Tag vor, gefolgt von einer Fastenzeit von 16 Stunden, was als zeitlich begrenzte Ernährung (TRF) bezeichnet wird [1]. Einige Fastenstrategien bestehen jedoch auch darin, nur ein paar „Fastentage“ pro Woche zu haben, an denen wenig oder gar keine Energie verbraucht wird, begleitet von einer normalen „nicht-restriktiven“ Nahrungsaufnahme für den Rest der Woche. Beispiele dafür sind Alternierendes Fasten (ADF), periodisch verlängertes Fasten (PF) oder intermittierende Kalorienrestriktion (ICR) [2].
Dem Fasten liegt die Theorie zugrunde, dass der Körper im „Fastenzustand“ Fette als Energiequelle verbrennt und dadurch Fettmasse abbaut. Es wurde wissenschaftlich untersucht, dass ein vorübergehender Nahrungsentzug mit gesundheitlichen Vorteilen wie einem verbesserten Glukosestoffwechsel, einer geringeren Lipidanreicherung und einer Verringerung des Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden ist [ 4,5].
Die Erfolge dieser wissenschaftlichen Studien werden allerdings in der Presse etwas übertrieben dargestellt. Die meisten der genannten Forschungsergebnisse stammen aus Tierstudien, und die Erkenntnisse über die menschliche Gesundheit sind nur vorläufig [6]. Es gibt Berichte über einen Rückgang der Triglyceride (Fette) und des LDL (schlechtes Cholesterin) bei den Teilnehmern einer Studie zum Intervallfasten, während andere Studien keine Wirkung zeigen [2, 7]. Eine passende Erklärung dafür ist, dass die Studienteilnehmer, die mit der Diät beginnen, während sie übergewichtig sind, auch diejenigen sind, die am meisten Gewicht und damit Triglyceride und LDL verlieren. Bei Teilnehmern, die nicht extrem übergewichtig waren, sind die Ergebnisse jedoch nicht so auffällig. Ein weiteres Problem ist, dass die meisten Humanstudien an kleinen, ausgewählten Gruppen durchgeführt werden, die nicht die gesamte Bevölkerung angemessen repräsentieren. Bislang ist unklar, ob auch gesunde Menschen die gleichen positiven Wirkungen erzielen [6].
Zu den typischen Nebenwirkungen, die zu Beginn einer Intervallfasten-Kur auftreten, gehören Müdigkeit, Stimmungsschwankungen und ein verstärktes Hungergefühl [8]. Ausserdem hat die Forschung gezeigt, dass längeres Fasten den zirkadianen Rhythmus stört. Dies wiederum wirkt sich auf die biologische Uhr aus, die die Ausschüttung von Hormonen wie Insulin und dem Stresshormon Cortisol beeinflusst [9]. Der zirkadiane Rhythmus steuert viele Aspekte des Schlaf-Wach-Zyklus, wie Blutdruck, Herzfrequenz, Körpertemperatur und Hormonausschüttung. So wird beispielsweise der Insulinspiegel zum Teil durch den zirkadianen Rhythmus reguliert, um den Hormonspiegel früh am Morgen zu erhöhen und den Körper auf die Aufnahme des Frühstücks vorzubereiten. Bei Mäusen ist der Schlaf-Wach-Rhythmus entgegengesetzt, so dass die Forschung an Nagetieren nur schwer auf den Menschen übertragbar ist [9]. Dennoch führte das Intervallfasten bei Mäusen zu einem verringerten Insulinspiegel während des gesamten Tages. Dies galt selbst dann, wenn die gefasteten Mäuse während des Fressens doppelt so viel assen wie ad libitum gefütterte Mäuse, was zu einer ähnlichen Kalorienaufnahme führte [4, 10].
Schliesslich ist zwar bekannt, dass eine Gewichtsabnahme den Cortisolspiegel positiv beeinflusst, doch hat sich gezeigt, dass ausgiebiges Fasten die Menge und Häufigkeit der Cortisolsekretion erhöht. Dies löst eine akute Stressreaktion im Körper aus [11]. Während Insulin die Aufgabe hat, Glukose aus dem Blut zu entfernen und zu speichern, gibt Cortisol Glukose ins Blut ab, um sofort Energie zu verbrauchen. Kurzfristig ist Cortisol gesund für den Körper, da es entzündungshemmende Eigenschaften hat. Ein chronisch hoher Cortisolspiegel führt jedoch zu einem erhöhten Glukosespiegel, der das Risiko für die Entwicklung von Diabetes und Fettleibigkeit erhöht. Ausserdem schwächt es die Immunabwehr und erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen [10, 12].
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Intervallfasten trotz ausreichender Forschungsergebnisse für die meisten Menschen unbedenklich ist (vor Beginn sollte immer ein Arzt konsultiert werden), aber dennoch negative Nebenwirkungen auftreten können. Leider sind die negativen Auswirkungen noch nicht gründlich untersucht worden, vor allem weil die meisten Untersuchungen zum Intervallfasten an Nagetieren durchgeführt wurden.
Quellen:
- Stockman, M.C., et al., Intermittent Fasting: Is the Wait Worth the Weight? Curr Obes Rep, 2018. 7(2): p. 172-185.
- St-Onge, M.P., et al., Meal Timing and Frequency: Implications for Cardiovascular Disease Prevention: A Scientific Statement From the American Heart Association. Circulation, 2017. 135(9): p. E96-e121.
- Schofield, S.E., et al., Metabolic dysfunction following weight cycling in male mice. International journal of obesity, 2005. 41(3): P. 402-411.
- Anson, R.M., et al., Intermittent fasting dissociates beneficial effects of dietary restriction on glucose metabolism and neuronal resistance to injury from calorie intake. Proc Natl Acad Sci U S A, 2003. 100(10): p. 6216-20.
- Wan, R., S. Camandola, and M.P. Mattson, Intermittent food deprivation improves cardiovascular and neuroendocrine responses to stress in rats. J Nutr, 2003. 133(6): p. 1921-9.
- Horne, B.D., J.B. Muhlestein, and J.L. Anderson, Health effects of intermittent fasting: hormesis or harm? A systematic review. Am J Clin Nutr, 2015. 102(2): p. 464-70.
- Santos, H.O. and R.C.O. Macedo, Impact of intermittent fasting on the lipid profile: Assessment associated with diet and weight loss. Clin Nutr ESPEN, 2018. 24: p. 14-21.
- Harvie, M. and A. Howell, Potential Benefits and Harms of Intermittent Energy Restriction and Intermittent Fasting Amongst Obese, Overweight and Normal Weight Subjects—A Narrative Review of Human and Animal Evidence. Behavioral Sciences, 2017. 7(1): p. 4.
- Kim, B.H., et al., Effects of Intermittent Fasting on the Circulating Levels and Circadian Rhythms of Hormones. Endocrinol Metab (Seoul), 2021. 36(4): p. 745-756.
- Ahrén, B., Diurnal variation in circulating leptin is dependent on gender, food intake and circulating insulin in mice. Acta Physiol Scand, 2000. 169(4): p. 325-31.
- Johnstone, A. M., et al., Influence of short-term dietary weight loss on cortisol secretion and metabolism in obese men. European journal of endocrinology, 2004, 150(2): p. 185–194.
- Iob, E. and A. Steptoe, Cardiovascular Disease and Hair Cortisol: a Novel Biomarker of Chronic Stress. Curr Cardiol Rep, 2019. 21(10): p. 116.