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Wie werden verschiedene Arten von RNAs in unterschiedlichen Anwendungen eingesetzt?

Wie werden verschiedene Arten von RNAs in unterschiedlichen Anwendungen eingesetzt?

Zusammenfassung:

  • RNAs sind eine vielfältige Gruppe von Molekülen, die in der Natur allgegenwärtig vorkommen. Sie können unterschiedliche biologische Funktionen haben und für verschiedene therapeutische Ziele eingesetzt werden.
  • Die Funktion der RNA wird durch ihre Sequenz bestimmt.
  • CRISPR sgRNA und mRNA-Impfstoffe bestehen aus unterschiedlichen Sequenzen und wirken unterschiedlich.
  • CRISPR sgRNA bindet an ihre Zielgenomsequenz und an das Cas9-Protein, so dass Cas9 die DNA schneiden kann.
  • mRNA-Impfstoffe produzieren Antigene, indem sie die Produktionsmaschinerie für Proteine in Gang setzen.

Im 21. Jahrhundert hat die Medizin ihr therapeutisches Repertoire über Proteine (z. B. monoklonale Antikörper, Zytokine, Interferone) oder kleine Moleküle (wie Aspirin, Antihistaminika, Insulin) hinaus rasch erweitert, indem sie RNA in einer breiten Palette von Anwendungen einsetzt [1]. RNAs sind natürlich vorkommende Moleküle, die in allen Organismen wesentliche Funktionen erfüllen, und Wissenschaftler machen sich diese in verschiedenen Forschungs- und Therapiebereichen zunutze. Zwei solcher Technologien wurden bereits von unserem Team beschrieben – mRNA-basierte Impfstoffe und das CRISPR-Cas9-System (Artikel 1, Artikel 2). Die Entwicklung ist bei den beiden vorgenannten Technologien nicht stehen geblieben [1]. Vielmehr gibt es zahlreiche weitere Anwendungen von RNAs in der Behandlung/Prävention von Krankheiten. Unser Team hat die wichtigsten Informationen über die besprochenen Biologika vorgestellt, aber wie der gesamte Bereich der Molekularbiologie kann auch dieses Thema noch verwirrend sein. Kürzlich erhielt unser Team Fragen über das Potenzial von RNA in mRNA-Impfstoffen, das menschliche Genom zu verändern, wie es die RNA in der CRISPR/Cas9-Methode tut. Ziel dieses Artikels ist es, einen kleinen Kommentar zur Vielfalt in der RNA-Welt zu geben und dieses Wissen zu nutzen, um die aufgeworfenen Bedenken zu klären.

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Die meisten Menschen haben schon von der DNA gehört und haben eine ungefähre Vorstellung von ihrer Funktion. DNA und RNA sind ähnliche Moleküle, die Informationen speichern und weitergeben können. Bei den RNAs handelt es sich jedoch um eine noch vielfältigere Gruppe von Molekülen mit unterschiedlichen Funktionen [2]. Die bekannteste Gruppe von RNAs ist die Boten-RNA – mRNA (eine bearbeitete Kopie eines DNA-Fragments). Sie liefert die Informationen über ein zukünftiges Protein an die zelluläre Produktionsmaschinerie, die Ribosomen. Interessanterweise gehören zu den Ribosomen auch andere RNAs – rRNA oder ribosomale RNA, die eine enzymatische Aktivität besitzen [3]. Solche RNAs werden als Ribozyme (Ribonukleinsäure + Enzyme) bezeichnet und sind an der Proteinproduktion, der RNA-Biosynthese und -Verarbeitung sowie der viralen Replikation beteiligt [4]. Eine weitere Gruppe von RNAs ist diejenige, die die Produktion von Makromolekülen reguliert oder virale Genome bekämpft [5]. Die Gruppen sind sehr vielfältig und können in mehrere Untergruppen unterteilt werden.

Es mag viele überraschen, dass RNAs in der Biologie ganz unterschiedliche Aufgaben haben. Um dies zu verstehen, wollen wir eine sprachliche Analogie verwenden. Es gibt eine begrenzte Anzahl von Buchstaben (Bausteinen) in unseren Sprachen, aber sie sind in der Lage, eine viel breitere Palette von Wörtern zu erzeugen. Selbst ein und derselbe Satz von Buchstaben kann viele verschiedene Wörter/Sätze und Bedeutungen hervorbringen, wie bei Anagrammen (z. B. „Ampel“ und „Palme“ oder „Martin Luther“ und „lehrt in Armut“). Das Gleiche gilt für die RNA. Allerdings ist nicht nur die Reihenfolge der Bausteine (Sequenz) wichtig, sondern auch die 3D-Struktur. Wichtig ist, dass die 3D-Struktur auch ein Ergebnis der Anweisungen in der Sequenz ist. Die Bausteine von DNA und RNA werden Nukleotide genannt, die in der Nachbearbeitung verändert werden können und sich dann zu 3D-Strukturen falten können.

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Wir kehren nun zum Anliegen aus dem ersten Absatz zurück. mRNA-Impfstoffe verwenden mRNA-Moleküle, um die Bauanleitung für ein Antigen zu liefern. Diese Anweisung wird dann von unseren Zellen genutzt, um das Antigen zu produzieren, das wiederum unser Immunsystem gegen einen Erreger (z. B. SARS-CoV-2) benachrichtigt und trainiert [6]. Die mRNA muss Merkmale enthalten, die dies ermöglichen, z. B. die Sequenz des Spike-Antigens, die von der Proteinproduktionsmaschinerie gelesen werden kann. Andere Elemente, die enthalten sind, sind für die Bindung der Maschinerie und die Stabilität der mRNA selbst unerlässlich. Die mRNA aus den Impfstoffen besitzt weder andere Elemente, die genomverändernde Aktivitäten ermöglichen würden, noch steht sie in engem Kontakt mit unserem Genom. Im Gegensatz dazu enthält die sgRNA, die im CRISPR/Cas9-System verwendet wird, eine Sequenz, die das Cas9-Protein zu einer zu verändernden Zielsequenz des Genoms leitet. Wichtig ist, dass das Cas9-Protein die Bearbeitung vornimmt, nicht die sgRNA [7]. Weitere Informationen über das CRISPR/Cas9-System finden Sie in unseren früheren Artikeln (Artikel 1, Artikel 2).

In diesem kurzen Kommentar wird deutlich, dass RNAs sehr vielfältig sein können. Aus einer begrenzten Menge verfügbarer Bausteine können die Natur oder Wissenschaftler eine Vielzahl verschiedener Moleküle mit unterschiedlichen Funktionen erzeugen. Auch wenn sich einige Aktivitäten überschneiden können, gibt es einen grossen Unterschied zwischen mRNAs, wie sie in mRNA-Impfstoffen verwendet werden, und RNAs aus der CRISPR-Technologie. Die medizinischen Anwendungen für RNA sind so vielfältig wie die Arten von RNAs. Das Verständnis der RNA-Biologie ist nicht über Nacht im Jahr 2020 mit der Erfindung der mRNA-Impfstoffe gegen SARS-CoV-2 explodiert, sondern hat sich seit fast einem Jahrhundert angesammelt [8]. Dies wird möglicherweise zu einer Ausweitung von RNA-basierten Therapeutika in der Medizin führen. Daher ist es für potenzielle Patienten – also für uns – wichtig, die Konzepte im Zusammenhang mit der RNA-Biologie und -Technologie zu verstehen.

Quellen:

  1. Damase TR, Sukhovershin R, Boada C, Taraballi F, Pettigrew RI, Cooke JP. The Limitless Future of RNA Therapeutics. Front Bioeng Biotechnol. 2021;9:628137.
  2. Cech TR, Steitz JA. The noncoding RNA revolution-trashing old rules to forge new ones. Cell. 2014;157(1):77-94.
  3. Petrov AS, Gulen B, Norris AM, Kovacs NA, Bernier CR, Lanier KA, et al. History of the ribosome and the origin of translation. Proc Natl Acad Sci U S A. 2015;112(50):15396-401.
  4. Doherty EA, Doudna JA. Ribozyme structures and mechanisms. Annu Rev Biophys Biomol Struct. 2001;30:457-75.
  5. Kaikkonen MU, Lam MTY, Glass CK. Non-coding RNAs as regulators of gene expression and epigenetics. Cardiovasc Res. 2011;90(3):430-40.
  6. Vogel AB, Kanevsky I, Che Y, Swanson KA, Muik A, Vormehr M, et al. BNT162b vaccines protect rhesus macaques from SARS-CoV-2. Nature. 2021;592(7853):283-9.
  7. Adli M. The CRISPR tool kit for genome editing and beyond. Nat Commun. 2018;9(1):1911.
  8. Caspersson T, Schultz J (1939). „Pentose nucleotides in the cytoplasm of growing tissues“. Nature. 143 (3623): 602–03.